Krieg ist Frieden, Propaganda

Wasser predigen, Wein trinken

Einen Satz den man ständig von der Bundeskanzlerin hört, ist: „Wir müssen uns zusammen an einen Tisch setzen und miteinander reden“. Jetzt ist ein weiterer dazugekommen: „Wer in Deutschland lebt, muß sich verfassungskonform verhalten“.

Beide Sätze sind wahr und sollten sich eigentlich von selbst verstehen. Dumm nur, wenn man von anderen etwas einfordert, das man selber nicht einhält. Es gab gerade in den letzten Wochen Beispiele aus dem schwarz-gelben Regime und seines Umfeldes die darauf schließen lassen, daß es mit ihrem Demokratieverständnis nicht sehr weit her ist. So äußerten Westerwelle und Merkel ihr Unverständnis über die Stuttgart21 Proteste. Daß die Proteste eine verfassungsrechtliche Grundlage haben, nämlich Artikel 8 GG und somit eigentlich zur deutschen Normalität gehören sollten, dahinter scheint niemand zu stehen. Baden-Württembergs Provinzfürst Mappus bewunderte gar wie sich reibungslos Großprojekte in Diktaturen wie Saudi Arabien und Katar umsetzen ließen – von seiner demokratischen Grundüberzeugung, die inkompatibel mit den dortigen Regierungsformen ist, war nicht die Rede.

Ein weiteres Beispiel war der Vorschlag Merkels Defizitsündern das Stimmrecht im EU-Ministerrat zu entziehen. Wenn man das Grundgesetz als Leitfaden für sein Handeln nimmt, so ist in Artikel 38 GG von gleicher Wahl die Rede. Ein Stimmrecht das auf Vermögensverhältnisse begründet ist, hat in einer modernen Demokratie nichts zu suchen. Das erinnert an das antike Griechenland in dem Sklaven nicht an der Demokratie teilhaben konnten und auch an die Zeit nach dem amerikanischem Bürgerkrieg in der ehemaligen Sklaven die Anteilnahme an der Demokratie praktisch unmöglich gemacht wurde, in dem Besitz als Grundvoraussetzung für die Erlangung des Stimmrechts gemacht wurde. Merkels Vorschlag kommt somit aus einer reaktionären und undemokratischen Ecke.

Diesem Trend muß entgegengesteuert werden, indem den Bürgern bei fundamentalen Fragen wie Kriegseinsätzen mehr Mitspracherecht gegeben werden muß. Thomas Jefferson schrieb in Notes on the State of Virginia :

„Every government degenerates when trusted to the rulers of the people alone. The people themselves therefore are its only safe depositories.“

Wir brauchen also mehr Kontrollinstanzen der Politiker und mehr Mitspracherecht. Die Schwaben handeln korrekt und in der Tradition eines Henry David Thoreaus indem sie sich gegen die Regierung stellen. Schade, daß das nicht für Restdeutschland zutrifft.

Voraussetzung für eine politische Demokratisierung ist die Demokratisierung von Meinungen. Mit dem Internet fällt das Meinungsbildungsmonopol der klassischen Medien. Problematisch bleibt der Bereich der Filme, aber mal sehen, ob es in Zukunft nicht auch da Bewegung gibt, z.B. durch günstige computergenerierte Darsteller und Szenarien. Ebenfalls im Rahmen von Stuttgart21 fiel auf, daß der regimenahe Sender ARD auf der Webseite http://www.tagesschau.de, den Deutschen klar machen wollte, daß die Stuttgarter spinnen, schließlich feiert man in Wien den Neubau eines Bahnhofs.

Noch ein kleiner Scherz am Rande. Wenn wir zulassen wie Deutschland undemokratischer wird, dann wird sich einiges ändern. Die Integration von Ausländern würde dann so aussehen (man achte auf das Zeichen auf seiner Brust):

Chinesischer Nazi

Modellimmigrant


Nein, das ist kein Photo aus Philipp Röslers Bundeswehrzeit.

Standard
Nassbirniges, Sozialpolitik

…kratie

„Kritik an mächtigen politischen Einzelkämpfern beruht auf der Idealvorstellung, dass in demokratischen Systemen der „Wille des Volkes“ die Grundlage für das Handeln des Politikers sein sollte. Politiker würden demnach fast wie Marionetten an den Strippen der Bürgerinnen und Bürger hängen und im Rahmen institutioneller Regeln handeln.“ (APuZ 2-3/2010)

Wer also dachte Demokratie sei eine Herrschaft des Volkes, welches seine Macht aus organisatorischen Gründen in die Hände einiger Vertreter legt, statt selber zu schalten und zu walten, dessen Gedanken liegen schon sorgsam gefaltet in der Mottenkiste der Geschichte. „Postdemokratisierung“ wird der Prozess genannt, in der starke Führungspersönlichkeiten Handlungen und deren Resultate vorlegen und Fragen erst später gestellt werden dürfen, wenn man endlich schlauer ist. Die wehenden Fahnen in den Händen der großen Männern der „leader democracies“, werden von Massenmedien und Lobbygruppen vielgestaltig abgebildet und die dabei erzeugte heiße Luft lässt die Fahnen ordentlich in steifer Brise knattern.

Post-Demokratie – das hat etwas von Post-Moderne und ein Hauch von künstlerischer Verwegenheit liegt im Klang dieses Ausdrucks. Verwegen ist es auch den Wähler nur im Nachhinein beurteilen zu lassen, ob sich im dauerschallenden Echo der Medienöffentlichkeit auch die „Stimme des Volkes“ vernehmen liess, oder ob – Überraschung, Überraschung – eine politische Führungspersönlichkeit eigenmächtig gehandelt und dabei den Wählerwillen, rote Linien, moralische Grenzen und Gesetzte praktischer Vernunft überschritten hat. Addiert man nun eine zunehmende Ökonomisierung (seit wann, seit 20.000 vor unserer Zeitrechnung bis heute?) politischer Präferenzen hinzu und multipliziert diese mit einer Pluralisierung und Fragmentierung der politischen Ansichten in westlichen Gesellschaften, so zeigt das Ergebnis, dass es kein klares Ergebnis gibt und dass schlicht jeder gesellschaftliche Zustand als Ergebnis politischer Führung behauptet werden kann (und wird).

Wen wundert es da, das wir uns in einer „Krise“ befinden und nicht in einer Rezession? Wen überrascht es dass von „Marktversagen“ im amerikanischen Immobiliensektor geredet wird, wenn doch die sinnlose Spekulationsblase ganz folgerichtig geplatzt ist und der Markt tatsächlich reagiert hat, wie es im Lehrbuch steht? Und wen macht schon die Behauptung stutzig, das „aussitzen und abwarten“ eine Führungsqualität, ja überhaupt Führung in irgendeinem Sinne ist?

Als Postbürger wundert man sich nicht, aber als Elternteil von durchschnittlich 1,3 Kindern wird man ab und an doch von einem leichten Gruseln befallen und in Alpträumen wird man von der Vorstellung geplagt, die sogenannten politischen Führungspersönlichkeiten könnten schon so volksfern sein, dass sie der empirischen wissenschaftlichen Wahrheit der 1,3 Kind-Familie ein soziales Wohnungsbauprojekt mit 2,3 Zimmern folgen lassen. Doch das wäre ja tatsächliche politische Führung, und die ist ja – Gottseidank – postpolitisch und veralteter Unsinn.

Standard